Am Ende der Seidenstraße: Xi’an

Als kleiner Junge war ich bereits einmal an der Seidenstraße. Zusammen mit meiner Familie erkundete ich die Kanäle und die Gassen von Venedig, dem westlichen Ende dieser antiken Handelsroute. Vor kurzem war ich dann in Xi’an, dem östlichen Ende der selben Straße. Genauso wie Venedig ist Xi’an eine wahnsinnig interessante Stadt, die sehr vom Handel profitiert hat und dabei eine noch viel längere Geschichte aufweist.

Wann und wie lange sollte man nach Xi’an reisen?

Die meisten Reiseführer empfehlen immer, dass man China allgemein im Frühling oder Herbst bereisen sollte. Besonders für den Süden ist das auch durchaus richtig, wir konnten in Xi’an aber auch Mitte August sehr angenehme Temperaturen genießen, mit meistens 25-30°C.
Wir selbst haben insgesamt 5 Tage in Xi’an verbracht, haben aber festgestellt, dass dies eigentlich zu lang war. Man kann alle hier beschriebenen Ziele in 3 Tagen (nicht einschließlich An- und Abreise) besuchen.

Wo kann man übernachten?

Wir haben während unseres Aufenthalts in Xi’an im Silkroad Youthspace Chang’an übernachtet, einer guten Wahl, die wir allen ans Herz legen wollen, die nach einer günstigen Unterkunft suchen. Die Unterkunft liegt sehr zentral am Glockenturm, dem Zentrum der Altstadt und nur etwa 5 Minuten zu Fuß vom Eingang zum muslimischen Viertel entfernt.

Was gibt es zu essen?

Die Küche in Xi’an ist sehr vielseitig und hat Einflüsse aus der zentralasiatischen und muslimischen Küche. So gut wie alle Gerichte sind also auch halal, was die Stadt auch zu einem interessanten Ziel für Muslime macht.
Ganz konkret möchten wir euch drei Gerichte ans Herz legen.

Zum Frühstück haben wir gerne „Roujiamo“ (肉夹馍) gegessen, was wir aufgrund der schwierigen Aussprache auch gerne „Minidöner“ genannt haben. Der Spitzname kommt nicht von ungefähr, denn es ist ein kleines Brot, welches mit einer scharfen Soße und Fleisch gefüllt wird. Dieses wird in fast jedem Geschäft ein bisschen anders gemacht und ist leider im muslimischen Viertel auch mit Abstand am teuersten. Es lohnt sich also, sich ein bisschen umzuschauen. 6-8 Yuan sind für ein Roujiamo ein angemessener Preis.

Zum Mittag- bzw Abendessen sollte man des Weiteren eine „Yangrou Paomo“ (羊肉泡馍) probieren. Diese unscheinbare Suppe besteht aus Brotkrümeln, Lammfleisch und Nudeln. Die besten „Brotsuppen“ gab es in der Huiminjie (回民街), zögert dabei auch nicht davor in die einfacheren Geschäfte zu gehen, diese sind meistens am besten. Eine Yangrou Paomo sollte etwa 35 Yuan kosten.

Der Norden Chinas ist außerdem bekannt für die Dumplings, mit verschiedenen Sachen gefüllte Nudeln (ähnlich Tortellinis). Hier in Xi’an sollte man vor allem die Dumplings mit Lammfleisch probieren. Ein großer Teller (genug für 2 Leute) sollte etwa 40 Yuan kosten.

Was gibt es zu sehen?

Wie man aus den Empfehlungen fürs Essen bereits herauslesen kann, ist Xi’an eine sehr vielseitige Stadt, die gerade durch die Seidenstraße sehr viele Einflüsse aus dem mittleren Osten aufweist. Xi’an ist aber vor allem auch die Wiege der chinesischen Zivilisation. Die berühmte Terrakottaarmee war hier zusammen mit dem ersten Kaiser Chinas begraben und überhaupt gibt es viele interessante Sehenswürdigkeiten aus verschiedenen Epochen der chinesischen Geschichte, besonders von der Antike bis hin zur Ming-Dynastie, welche während unserer frühen Neuzeit China regiert hat.
Diese erreicht man grundsätzlich auch relativ einfach, denn Öffentliche Verkehrsmittel sind in Xi’an sehr gut ausgebaut, es gibt ein großes Metrosystem und verschiedene Buslinien, welche beide dem typisch chinesischem System mit Automaten oder Prepaid Karten folgen. Wer diesem noch nie begegnet ist, schaut sich gerne unseren Guide über öffentliche Verkehrsmittel in Hangzhou an, dieser kann auch in Xi’an angewendet werden. Englischer Link

Die Terrakottaarmee und das Grab Qinshihuangdis

Qinshihuang war der erste Kaiser Chinas und damit der erste Regent, der es geschafft hat, China unter einer Flagge zu vereinen. Natürlich wurde er auch damals von vielen seiner Landsleute verehrt, weswegen er eine sehr beeindruckende Grabanlage bekommen hat. Anders als die Ägypter hat er dafür aber keine große Pyramide bekommen, sondern seine eigene Armee aus Terrakotta-Kriegern – jeder einzelne davon ein Unikat, mit eigenen Gesichtszügen, mit Waffen und teilweise auch mit Reittieren und anderen Gefährten, damit diese ihn im Jenseits beschützen können.

Sowohl die Grabanlage, als auch die Armee sind natürlich innerhalb der etwa 2500 Jahre, die seitdem verstrichen sind, in Vergessenheit geraten und wurden erst in den 70er Jahren von Bauern bei der Feldarbeit wieder entdeckt. Die Regierung hat diese Armee anschließend direkt unter Denkmalschutz gestellt, Ausgrabungen begonnen und die Epoche konnte besser erforscht werden.
Heute können sich auch Touristen die Ausgrabungsstätte ansehen, um sich selber ein Bild von der Armee zu machen.

Um zur Ausgrabungsstätte zu gelangen, kann man vom Bahnhof von Xi’an, nördlich der inneren Stadtmauer, Bus Nummer 5/306 nehmen. Lasst euch dabei nicht von einer langen Warteschlange abschrecken, diese mag zwar sehr lang wirken, es geht jedoch ziemlich schnell vorwärts.
Die Terrakottaarmee befindet sich in der Nähe der Endstation, von wo aus man wiederum einfach den Schildern zum Ticketschalter bzw. dem Eingang folgt. Die Eintrittsgebühr beträgt 150 Yuan, einzig Studenten mit einem chinesischem Studentenausweis bekommen 50% Rabatt.

Ignoriert dabei am besten die ganzen Touristenführer, auch wenn diese behaupten, dass selbst Chinesen einen Guide bräuchten, wenn sie die Anlage besuchen. Es ist zwar durchaus richtig, dass man ohne die richtige Führung nur sehr schwer einen Eindruck über die Anlage bekommt, es gibt aber viele englischsprachige Schilder und auch einen Audioguide für 40 Yuan ( Plus 100 Yuan Kaution, die man wieder zurück bekommt). Diesen Audioguide können wir sogar sehr empfehlen, da es aufgrund der Massen an Besuchern schwierig sein kann, jedes Schild zu erreichen.

Nachdem man sich die Terrakottaarmee angesehen hat, kann man optional noch zum Grab von Qinshihuangdi gehen, allerdings sollte dabei klar sein, dass nach 2500 Jahren nicht mehr viel davon übrig ist. Es gibt einen Gedenkstein an den Kaiser, das unterirdische Mausoleum selbst kann man allerdings nicht betreten. Über die Jahre hinweg hat sich dort eine große Menge Quecksilber angesammelt, weswegen tatsächlich niemand das Mausoleum bis jetzt mit eigenen Augen gesehen hat.

Sowohl von dem Mausoleum als auch von der Terrakottaarmee kann man mit Bussen direkt zurück zum Bahnhof in die Stadt fahren.
Wir haben den gesamten Tag bei der Terrakottaarmee verbracht und waren erst nachmittags zurück in der Stadt.

Die Stadtmauer von Xi’an

Die Altstadt Xi’ans ist von einer großen Stadtmauer umgeben, welche eine Gesamtlänge von 8 km hat. Diese wurde bereits in der Tang-Dynastie erbaut, in der Ming-Dynastie erweitert und zuletzt in den 80ern renoviert, damit sie in dem selben Glanz erscheint, wie damals in der Ming-Dynastie. Natürlich kann man diese als Tourist betreten und es ist wirklich möglich, komplett um die Mauer herum zu laufen.
Die Mauer besitzt eine sehr konsequente Struktur, die abgesehen von der Unterführung am Bahnhof überall gleich aussieht. Wer also zu Fuß unterwegs ist, sollte vielleicht nur von einem Tor bis zum nächsten zu laufen, wer hingegen wirklich komplett herum kommen möchte, sollte sich überlegen, sich oben ein Fahrrad oder Tandem zu mieten.

Anders als auf vielen Webseiten beschrieben ist der Eintrittspreis (57 Yuan, 50% Rabatt für alle Studenten) an allen Tor gleich und obwohl das Südtor eine große Plaza und eine Bühne besitzt, sind die Tore sich sonst auffallend ähnlich. Wer die große Xi’an Impression Show sehen möchte, sollte also abends zum Südtor kommen, wer hingegen die Tore in ihrer alten Verfassung sehen möchte, kann einfach zu einem anderen Tor seiner Wahl gehen und kann von dort aus entweder bis zum nächsten Stadttor laufen oder sich auch vor Ort einfach nur umschauen.

Das muslimische Viertel

Das muslimische Viertel ist eigentlich das gesamte Gebiet der Innenstadt nordwestlich des Glockenturms. Das hängt tatsächlich direkt mit der Seidenstraße zusammen, da diese wohl in der Gegend hier ihren Lauf nahm.

Heute lebt hier vor allem das Volk der Hui, einer muslimischen Minderheit in China. Diese betreiben hier in den Gassen und kleinen Basaren kleine Verkaufsstände, je nach dem wie sehr die Gasse touristisch erschlossen ist sind es entweder kleine Snacks, Getränke, andere Mahlzeiten oder andere Souvenirs für Touristen, oder es sind halt einfache Märkte, wo alles fürs tägliche Leben angeboten wird. Oben bei unseren Empfehlungen haben wir bereits einige Gerichte vorgestellt, welche man hier unbedingt ausprobieren sollte.

Die meisten Snacks und Souvenirs gibt es in der Huiminjie (回民街, vom Glockenturm aus der Dongdajie (东大街) etwa 5 Minuten folgen, bei der großen Mall durch die Unterführung nach rechts). Wir empfehlen trotzdem, sich weiter umzusehen.

Mitten in diesem kleinen Chaos kann man dann ein wahres Idyll finden: Die große Moschee von Xi’an. Definitiv ein Besuch wert, aber eine große Überraschung für alle, die bereits einmal in der Türkei oder einem anderen muslimischen Land in einer Moschee gewesen sind.
Die Moschee gleicht auf dem ersten Blick tatsächlich eher einem buddhistischen Tempel, mit typisch chinesischer Architektur – dazu dann die arabischen Inschriften, ein Minarett, dass eher nach einer Pagode aussieht … So sieht der Islam also in China aus.
Der Eintritt für die Moschee kostet 25 Yuan.

Die große Gans Pagode im Da Ci’en Tempel

Xi’an ist nicht nur sehr wichtig für den Islam in China, tatsächlich gibt es hier auch einen der wichtigsten buddhistischen Tempel in China.

Um ein wenig auszuholen: Der Buddhismus kommt eigentlich aus Indien und hat sich dann langsam über die Seidenstraße nach Xi’an und damit über ganz China ausgebreitet. Damals gab es in China aber wohl noch nicht besonders viele buddhistische Schriften, weswegen sich der Mönch Xuanzang von China aus auf den Weg nach Indien gemacht hat. Dort ist er durchs Land gereist und hat dort unter anderem 657 Schriften gesammelt, um diese zurück in Xi’an ins Chinesische zu übersetzen. Wem die Geschichte aus einer chinesischen Kindergeschichte bekannt vorkommt, das kommt nicht von ungefähr: Die Reise in den Westen basiert auf dieser Geschichte.

Hier im Tempel von Xi’an hat der Mönch Xuanzang dann die verschiedenen Sutren aus dem Sanskrit übersetzt und hat die Religion für China geöffnet, ähnlich wie Martin Luther uns in Deutschland geholfen hat, das Christentum richtig zu verstehen.

Wer sich den Tempel ansehen möchte, kann sich dort für eine Eintrittsgebühr von 50 Yuan umsehen, zusätzlich kann man für 30 Yuan extra auch auf die große Ganspagode steigen, einem Bauwerk das auch zuerst von Mönch Xuanzang erbaut wurde, anschließend aber abbrannte und anschließend mit 7 Stufen neu errichtet wurde.

Der Palast der Tang-Dynastie

Xi’an, beziehungsweise zu der Zeit Chang’an, war mehrfach in der Geschichte die Hauptstadt Chinas, unter anderem während der Tang-Dynastie, welche vor etwa 1300 Jahren regierte. Aus dieser Dynastie kann man immer noch Überbleibsel der früheren verbotenen Stadt, also dem Palast der Kaiser sehen.
Dieser befand sich nördlich des heutigen Bahnhofs und kann komplett besichtigt werden. Wir empfehlen dazu zur Metrostation Anyuanmen (安远门) zu fahren, von wo aus man ganz einfach zu einem Nachbau des südlichen Tors des Palastes gehen kann.

Der Eingang zu der eigentlichen Anlage befindet sich dann noch gute 300 Meter nördlich, der Eintritt kostet 60 Yuan und es gibt wieder 50% für Studenten.

Die Anlage selber ist heute auch kaum mehr als ein paar Fundamente und Ruinen, besonders der kaiserliche Garten ist mit seinem kleinen See aber noch sehr gut erhalten. Nebenbei wird der Rest der Anlage auch als Ausstellungsfläche für Kunst verwendet. Es ist also ein schönes Ziel für einen Spaziergang, wenn man etwas Ruhe von der Stadt haben möchte und sich über die Schilder noch ein wenig über die Tang-Dynastie und ihren Palast informieren will, oder einfach etwas für moderne Kunst übrig hat.

Wer sich noch mehr für die verschiedenen Dynastien und Paläste in Xi’an interessiert, sollte einmal beim Palast der Han-Dynastie vorbei schauen, einem noch viel älteren Palast etwas außerhalb der Stadt. Dieser Palast ist aber wirklich nichts für jeden, denn hier stehen nurnoch die Fundamente der Gebäude, welche mit weiteren Schildern näher beschrieben wurden. Für die meisten Besucher vielleicht nicht so interessant, für Geschichtsfreaks dafür vielleicht umso mehr.

Fazit

Xi’an ist aus verschiedenen Gründen einer der interessantesten Orte unserer Reise durch China gewesen. Es gab sehr gutes Essen, eine vielseitige Kultur und vor allem auch einfach unglaublich viel Geschichte. Alleine aufgrund der Terrakottaarmee sollte die Stadt einen Platz auf einer Rundreise durch China haben, aber auch die Kultur der Seidenstraße war für mich bis jetzt an keinem Ort so lebendig wie in Xi’an.

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